Beitrag vom 12.03.2024

Die mutigen Turmspringer von Schwaz

Die Gänsesäger beobachten

Im Frühling 2023 fesselte ein außergewöhnliches Naturschauspiel in Schwaz die Aufmerksamkeit und Herzen der Menschen landesweit. In diesem Jahr wird das Ereignis erneut zum magischen Mittelpunkt, wobei das Beobachten dank der Installation zweier Livekameras eine noch unmittelbarere Erfahrung verspricht.

Letztes Jahr wurde in Schwaz ein besonderes Naturschauspiel landesweit bekannt: Ein Gänsesägerweibchen, das seit vier Jahren in der Nähe der Pfarrkirche brütet, führte ihre Küken auf einer gefährlichen Reise durch die Stadt zum Inn. Die Geschichte, die mit einem Aufruf zur Mithilfe in der Zeitung begann, endete glücklich, als die Vogelfamilie am Muttertag sicher das Gewässer erreichte.

Ein entscheidender Hinweis führte zur Entdeckung des Nests im Glockenturm, und eine installierte Infrarotkamera ermöglichte die Beobachtung ohne Störung. Die Küken überstanden ihren Sprung aus 50 Meter Höhe unverletzt und erreichten unter menschlichem Schutz und mit Hilfe der Bundespolizei den Inn. Dieses Ereignis führte zur Planung, weitere Webcams für künftige Brutsaisons zu installieren, um das Erlebnis online teilen zu können.

Ab dem 19. März legte das Gänsesägerweibchen Eier. 
Seit dem 01. April um circa 17:00 Uhr sitzt es nun fast durchgehend am Nest. Das heißt, der Brutvorgang hat begonnen. Voraussichtlicher Schlupftermin ist der 04. Mai 2024. Jeden Nachmittag verlässt sie für kurze Zeit das Nest, um auf Nahrungssuche zu gehen. 

Die Livestreams sind online und die Vögel können rund um die Uhr LIVE betrachtet werden.

Weitere Updates und Neuigkeiten gibt es laufend auf Facebook & Instagram sowie unter www.schwaz.at.

 

Einflugöffnung zum Nistplatz auf dem Glockenturm:

[Blick senkrecht in Richtung Stadtpark]

 

 

Nistplatz im Inneren des Glockenturms:

 

 

Am 12. März um 07:30 Uhr am Morgen war es soweit - das Gänsesäger-Weibchen kehrte nach 1 Jahr zum Nistplatz zurück. Um diesen beziehen zu können, musste sich die Vogeldame jedoch erst gegen die Dohlen des Stadtparks behaupten. Im nachfolgenden Video wurden die "Kampfszenen" festgehalten.

 

 

Die Firma Ecotone hat bereits 2023 im Zuge eines Filmprojektes die Brut und den Ausflug der Schwazer Gänsesägerfamilie mitgefilmt und nun einen exklusiven Zusammenschnitt bereit gestellt. 

Hier geht's zum Filmbeitrag von ECOTONE

 

Die Gänsesäger im Portrait

Der Gänsesäger (Mergus merganser) ist der größte Vertreter der Gattung der Säger aus der Familie der Entenvögel. Das Verbreitungsgebiet umfasst weite Teile des nördlichen Eurasiens und Nordamerikas. In Mitteleuropa ist der Gänsesäger ein verbreiteter, aber nur wenig häufiger Brut- und Jahresvogel. Im Winterhalbjahr ist die Art in Mitteleuropa als Durchzügler und Wintergast öfter zu beobachten.

 

Der Bestand in Tirol wird auf 25 - 30 Brutpaare geschätzt. Die Vorkommen in Tirol befinden sich hauptsächlich im Inntal und in den Nördlichen Kalkalpen.

Gänsesäger sind mit einer Körperlänge von 58–68 cm und einer Flügelspannweite von 78–94 cm deutlich größer als Stockenten. Im Ruhekleid sind beide Geschlechter einander sehr ähnlich. Zu unterscheiden sind sie dann noch am ehesten im Flug an dem weißen, durchgehenden Feld auf der Flügeloberseite des Männchens. Das Männchen ist im Brutkleid (Spätherbst bis Frühsommer) durch einen schwarzen, teilweise grünlich glänzenden Kopf und Rücken gekennzeichnet. Diese kontrastieren zum weißen Gefieder des Rumpfes, das auf der Unterseite eine leichte lachsfarbene Tönung aufweisen kann.

Die Nahrung der Gänsesäger besteht vor allem aus kleineren Fischen von einer Länge bis zu 10 cm. Die Beute wird optisch lokalisiert. In seichtem Wasser schwimmen die Vögel an der Oberfläche mit dem Kopf unter Wasser, in tiefem Wasser tauchen sie bis zu 10 Meter hinab. Mit ihrem Hakenschnabel und den Sägezähnen können sie die Fische gut festhalten. Ein Gänsesäger frisst täglich etwa 300 g Fisch.

Die Gänsesäger bevorzugen klare, auch schnell fließende Flüsse mit Kiesgrund, Seen und Küsten mit Baumbestand. Gänsesäger sind hauptsächlich Süßwasservögel.

Gänsesäger sind Höhlenbrüter. In Frage kommen vor allem Baumhöhlen, hier besonders verlassene größere Spechthöhlen (Schwarzspecht), aber auch Felsspalten, Uferunterspülungen und Dachböden. Die Höhle wird mit Daunen ausgepolstert. Das Weibchen legt ab April etwa 7 bis 14 cremefarbene Eier und bebrütet sie allein 32 bis 35 Tage lang. Die Erpel verlassen zu dieser Zeit bereits meist das Brutgebiet und beginnen mit der Mauser. Gänsesägerküken verlassen das Nest einen Tag nach dem Schlüpfen. Dies gestaltet sich manchmal nicht ganz unproblematisch, wenn sich die Bruthöhle in größerer Höhe befindet. Die Jungen benutzen beim Sprung aus der Höhle ihre Flügelstummel als Fallschirm und können mit den Schwimmhäuten zwischen ihren Zehen ihren Sprung bedingt lenken.

Das Weibchen führt die Jungen dann zum Gewässer und betreut sie in den nächsten Wochen. Das Nest im Neuen Glockenturm von Schwaz stellt mit seiner Lage in ca. 50 Metern Höhe weltweit ein einmaliges Phänomen dar. Es ist kein annähernd so hoher Brutplatz bekannt.

Anfangs transportiert das Weibchen die Küken dabei gelegentlich auf dem Rücken. Die Jungen können sofort recht gut schwimmen, bald auch tauchen und suchen von Anfang an ihre Nahrung selbst. Zunächst besteht diese eher aus Wasserinsekten und Würmern, kaum aus Fischchen. Meist werden die Jungen vom Weibchen bereits verlassen, bevor sie fliegen können. Gänsesäger werden im zweiten Lebensjahr geschlechtsreif.

Der Gänsesäger ist vor allem durch Flussverbauung, Gewässerverschmutzung und störende Freizeitaktivitäten gefährdet. Obwohl er eine geschützte Art ist, wird er immer noch geschossen, Gelege und Nistkästen zerstört. Ein natürlicher Feind ist der Baummarder, der in die Nisthöhlen eindringen kann. Auch die Verfügbarkeit von Bruthöhlen ist bestandsbegrenzend, weil natürliche Wälder mit altem Baumbestand nahe an Gewässern selten geworden sind.

Wie auch die anderen Fischfresser Graureiher, Kormoran und Haubentaucher ist der Gänsesäger von Fischern und Anglern nicht gern gesehen. In Österreich fordern Fischereiverbände, den Schutz des Gänsesägers einzuschränken und stattdessen Bejagung oder Vergrämung. Der Fischbestand eines Gewässers wird aber weitgehend von anderen Faktoren beeinflusst: z. B. verringert die Verbauung der Flussufer vor Fressfeinden geschützte Einstände und zum Laichen geeignetes Substrat und behindert die zur Fortpflanzung notwendigen Laichzüge.